Freitag, 17. Oktober 2014


ROCKER CLUB`s      

                                                                                                                                           

Text:  Michael Kraftstoff   Fotos: Internet


Reden wir doch nicht lange darum herum: Kaum eine Subkultur fasziniert uns so sehr, wie die Welt der Rocker.




Dieser Mythos von Bruderschaft unter Motorrad-Nomaden, die sich selbst an den Rand der Gesellschaft stellen und den Anspruch erheben, dass für sie nur die eigenen Gesetze gelten.



Lange Zeit galt "das Motorradfahren an sich" schon als Geste des Widerstandes – nichts anderes ist die Message des Kultfilm  „Easy Rider“ aus dem Jahre 1969: 




Peter Fonda und Denis Hopper verkörpern als Einzelgänger und Zivilisationsflüchtlinge die modernen Nachfahren der einstigen Outlaws längst vergangenen Wild-West Zeiten.


Marlon Brando dagegen war in „The Wild One“ der definitiv erste Rocker, den wir jemals zu Gesicht bekamen.  


Als Getriebener zwischen Macho-Gehabe und Liebessehnsucht, war er der Anführer einer wilden Motorradbande, von der die brave Landbevölkerung in Angst und Schrecken versetzt wurde. 


Die Filmbranche erkannte sehr schnell die Faszination, die von den geheimen Bruderschaften der echten Motorradrocker auf junge Menschen ausging. 




Und ständig kamen neue Hardcore Motorradfilme in die Kinos: The Wild Angels, Wherewolfs on Wheels… 



...der Mythos explodierte genau zu dem Zeitpunkt, als in der realen Welt der imaginäre Pakt zwischen Hippies und Rockern ein für alle Mal zerbrach. In Altamont, im Dezember 1969:

Beim Konzert der Rolling Stones, das als Gegenstück zu Woodstock geplant war, traten auch Bands wie Jefferson Airplane und Greatful Death auf. 



Die "Hells Angels" wurden als "Sicherheitskräfte" engagiert, brachten aber ihre eigene Kultur in den Zuschauerraum und trugen Mitschuld am Tod des afroamerikanischen Musikfans Meredith Hunter. 



Mick Jagger war geschockt und lud die Schuld des Todes von Hunter auf seine Schultern - bis zum heutigen Tag hat er dieses Trauma nicht überwunden.







Nur noch eines blieb den Rockern und den Hippies gemeinsam.
Der gemeinsame Gegner: Konkret war das die Polizei, der Staat und das bürgerliche Establishment. Bis heute.




Bei den Rockergruppen kam ein weiteres Feindbild hinzu: Die "rivalisierenden Rockergang`s", also jene Clubs, zu denen man keine freundschaftlichen Verbindungen pflegte, obwohl man exakt der gleichen Lebensauffassung folgte. Der Unterschied lag lediglich in der Clubzugehörigkeit und die gewalttätigen Auseinandersetzungen resultierten meist wegen territorialen Ansprüche und Einflussnahme. Nicht selten kam auch damals schon zu Toten auf beiden Seiten. 


Als in zunehmenden Masse die blutigen und länderübergreifenden Auseinandersetzungen innerhalb der Rockerszene ausser Kontrolle gerieten und nahezu täglich die Medien füllten, kam es zu einer starken Entmythologisierung, ja sogar Trivialisierung des einst fast ehrenhaften Rockerbildes: 
"Ein Rocker mag zwar ein gefährlicher Aussenseiter der Gesellschaft sein, aber zumindestens ist er ein ehrlicher Aussenseiter".  



Hells Angels gegen Moguls gegen Outlaws gegen Bandidos gegen Black Jackets gegen Hells Angels und so weiter und so fort: Längst haben wir die Übersicht verloren. 



Und man hält sich besser fern vom Geschehen und von den undurchsichtigen Ritualen und Regeln der Mitspieler - zu leicht kann man dabei unbeabsichtigt zwischen die Fronten geraten.










In den vergangenen Jahren haben die Medien viel über Rocker, ihren Einfluss, ihre Geschäfte und ihre weltumspannenden Hierarchien zu berichten gewusst. Vieles davon mag wahr sein und vieles davon an den Haaren herbeigezogen. 














Fakt ist jedenfalls, dass der Staat nun entschlossener gegen Rockergruppierungen vorgeht, die mutmasslich der organisierten Kriminalität zugeordnet werden. 



Das erscheint uns gerecht - denn in vielen Fällen ist es auf den ersten Blick ganz offensichtlich, wie sich neue, kriminelle Banden mit den äusseren Kennzeichen der Biker Clubs tarnen, obwohl kein einziges Mitglied jemals etwas mit Motorradfahren am Hut hatte.




Was zurück bleibt ist ein Mythos, wenn auch ein verblassender. 





Tief in unserer Seele empfinden wir scheinbare Sympathien für Rockerclubs, die gleichzeitig aber auch mit einer starken Ablehnung gepaart ist. 



Es ist diese Widersprüchlichkeit die es in uns auslöst, die sich überlagernden Empfindungen aus Faszination, Bedrohlichkeit, Zusammengehörigkeit, gesellschaftlicher Rebellion, Angst, Neid und fatalistischer Erlösungssucht.


 Von allem Alles und doch von allem Nichts.